Liebe Freundinnen und Freunde der geistlichen Musik!

In allen Epochen der Musikgeschichte hat die geistliche Musik eine besondere Rolle gespielt, ja, sie hat die Entwicklung der europäischen Musik entscheidend vorangetragen. Von den anonym verfassten Gesängen der Gregorianik über die kunstvollen Kompositionen der Renaissance-Zeit, die bis heute prägende Barockmusik mit ihren Oratorien, Messen, Kantaten und Motetten über die Musik der Romantik und Neuzeit bis hin zu zeitgenössischen und experimentellen Stücken wurde Tonkunst für den Glauben und den Kirchenraum geschaffen.

Bekanntermaßen ist diese Musikgattung vor allem, wie es so schön und richtig heißt, zur Ehre und zum Lobe Gottes gedachst und entstanden. Sicher haben auch Sie selbst die Erfahrung gemacht, das geistliche Musik – gleich ob in erhabenem Jubel oder in tiefer Trauer – tief berührt, den Glauben stärkt und uns Menschen zu Gott lenkt. Andererseits war es gerade der Glaube, der als ursächlich stärkstes Moment die alten Meister zu musikalischen Schöpfungen von höchstem Rang beflügelt hat – auch wenn viele der großartigen Werke vom musikalischen Anspruch über die Aufführungspraxis in den Gottesdiensten längst und weit hinausgegangen sind.

Wir haben das Glück, mit der Paderborner Dommusik über ein kirchenmusikalisches Fundament von hoher Qualität zu verfügen. Unserer Chöre, Organisten und musikalischen Leiter gewährleisten kontinuierlich eine angemessene und würdige Begleitung der Domgottesdienste an Sonn- und Festtagen und veranstalten regelmäßig Konzerte in unserer Kathedrale und auswärts. Mit großem Enthusiasmus, mit Professionalität und Können haben sich die Verantwortlichen der Dommusik zum Ziel gesetzt, über diesen erreichten Standard hinaus, ein Festival zu etablieren, das erstmals 2021 stattfinden und sich nach Möglichkeit als Triennale etablieren soll. Idee und Planungen reichen schon einige Zeit zurück. Ermöglicht wird dies – mit Unterstützung des Erzbistums – durch das Metropolitankapitel Paderborn als formalen Träger der Dommusik. Die Initialen des Festivals – IMAD – führen den Namen eines meiner frühen Vorgänger im Titel. Bischof Imad (ca. 1000–1076) stiftete die noch heute im Besitz des Domes befindliche thronende Madonna und ließ den Dom nach einem Brand wiedererrichten. Viel mehr ist über ihn nicht bekannt.

Ich freue mich auf ein vielseitiges Programm mit Chören, Solisten, Ensembles, Orchestern und Instrumentalisten, welche die ganze Bandbreite der geistlichen Musik auf der Höhe der Zeit zum Klingen bringen. Dabei werden durchaus neue Wege gegangen, selten Gehörtes wiederentdeckt und auch das in diesem Jahr begangene Gedenken an 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland findet eine adäquate Würdigung. Das Lob Gottes übrigens, wird durch den Genuss der Aufführungen von uns Gläubigen und Besuchern nicht geschmälert. Freuen auch Sie sich!

Hans-Josef Becker, Erzbischof von Paderborn